Sonntag, 21. Januar 2007

1. Kapitel – Ein schrecklicherTag

„Tschüss!“, rief Lily ihren Eltern zu, die ihr glücklich zuwinkten. „Bis nächsten Sommer!“. Sie drehte sich um und rannte zurück zu ihren beiden Freundinnen. „Alice! Anna!“, kreischte sie und fiel ihren besten Freundinnen in die Arme. „Ich hab den ganzen Sommer über nichts von euch gehört!“ Annas Augen blitzten frech und sie neigte den Kopf nach rechts. Lily wandte sich um und stöhnte genervt auf. Lässig ans Bahnhofsgebäude gelehnt, standen dort Sirius und James, die – in Lilys Augen – die grössten Angeber und Unruhestifter der ganzen Schule waren. Anna sah das jedoch anders, und Alice und Lily wussten, dass Anna eine Schwäche für Sirius hatte. Genau wie jedes andere Mädchen; jede schwärmte für die beiden Rumtreiber. Alle ausser Lily. Sie hatte die beiden schon vom ersten Schultag an nicht gemocht. Sie hasste alles an ihnen, die arrogante Art, wie James immer sein Haar zerstrubelte, ihre blöden Sprüche, James’ Versuche mit ihr Auszugehen und dass die beiden in den Gängen der Schule andere Schüler verhexten, nur weil sie es eben konnten.
Lily musste über den schwärmerischen Blick mit dem Anna Sirius ansah lachen und zog ihre Freundinnen mit in den Zug. Am Ende des Zuges fanden sie dann auch ein leeres Abteil und setzten sich. „Also, erzählt mal von euren Ferien“, begann Lily. Alice, ein etwas molliges Mädchen mit braunen, halblangen Haaren, zuckte die Schultern „Nichts besonderes. Ich war mit meinen Eltern in Cornwall.“ Lily fragte nicht weiter nach, sie wusste, dass Alice die Ferien in Cornwall hasste, weil ihre Eltern mit ihr jedes Jahr dort hinfuhren. „Und was ist mit dir?“, fragte sich an Anna gewandt. „Ich war in Frankreich. Alleine. Und rate, wen ich dort getroffen habe“, feixte Anna. Lily runzelte die Stirn. „Los, sag schon!“, rief Alice begierig und setzte sich gerade hin. „Sirius und James.“, antwortete Alice grinsend. „Ha!“, rief Alice aus und begann zu kichern. Lily jedoch runzelte immer noch die Stirn. „Und weiter?“, fragte sie. „Nun ja“, grinste sie, „wir haben was zusammen unternommen …“ Alice begann nun laut zu lachen und Lily zog eine Augenbraue hoch. „Was du an denen nur findest? Die sagen dir nicht mal Hi!“, meinte sie an Anna gewandt. Diese zuckte nur mit den Schultern und blickte aus dem Fenster. Lily seufzte und auch Alice hörte wieder auf zu lachen. Sirius hatte Anna noch nie beachtet, egal wie sich Anna bemühte. Ein weiterer Grund die beiden zu hassen, dachte sich Lily. Eine Weile sassen sie still in ihrem Abteil, während draussen vor dem Fenster Hügel und Felder vorbeizogen.
Bald kam dann auch schon die Hexe mit dem Süssigkeitenwagen und die drei Freundinnen genehmigten sich einen Kesselkuchen. Gerade als Lily ihr Stück ausgepackt hatte und hinein beissen wollte, öffnete sich die Abteiltür, und zwei grinsende 16-jährige Jungen stolperten in das Abteil. „Potter!“, rief Lily genervt und Anna lächelte in Sirius’ Richtung. Alice hatte wieder zu kichern begonnen. „Was wollt ihr den hier?“, fragte Lily mürrisch. „Dich was fragen.“, grinste James sie an. „Und was bitte?“, murrte Lily. „Ob du dieses Jahr mit ihm ausgehst.“, antwortete Sirius und grinste ebenfalls. „Nein!“, zischte Lily, „verschwindet jetzt!“ Die beiden schlurften wieder aus dem Abteil und Alice begann laut zu lachen. „Warum musst du nur immer so gemein zu ihnen sein?“, fragte Anna gespielt entsetzt. „Ach Anna“, stöhnte Lily, „ich kann sie nicht leiden. Ich weiss nicht was alle an denen finden.“ Anna grinste breit und sagte schnippisch „Sie haben eben das gewisse etwas, da kann nicht mal Lily Evans widerstehen.“ Lily stand entrüstet auf. „Nicht widerstehen? Und wie Lily Evans widerstehen kann!“, lachte sie, „Kommt jetzt, wir sollten uns umziehen.
Allmählich wurde es dunkler draussen, bis man durch die Zugscheiben kaum mehr etwas erkennen konnte. Dann endlich wurde der Zug langsamer. „Ich verhungere gleich“, ächzte Alice. „Du sagst es“, meinte Anna. Sie suchten sich eine freie Kutsche und setzten sich. Mit einem Rumpeln setze sich der Kutschenzug in Bewegung und fuhr den Weg zum Schloss hoch. Alle drei hingen ihren eigenen Gedanken nach, und so blieben sie stumm, bis die Kutsche Hogwarts erreicht hatte. Sie stiegen aus und blickten sich um. Anna ging los um ein paar Freundinnen zu begrüssen und Alice hielt Ausschau nach Frank Longbottom, einem schlanken 6. Klässler aus Ravenclaw. Lily blieb einen Moment alleine stehen und machte sich dann auf zum grossen Eichenportal der Schule. Sie stellte ihren schweren Koffer in der Eingangshalle ab und strich ihrer Katze Toulouse über das braune Fell. Eine Weile kraulte sie die Katze gedankenverloren, bis sie das geräusch von Schritten hinter ihr hörte. Sie drehte sich um und blickte direkt in das Gesicht von- „Potter!“, rief sie erschrocken und trat ein paar Schritte zurück. „Du schon wieder.“ Er war so nah an sie herangetreten, dass sie direkt in seine Haselnussbraunen Augen geblickt hatte. „Wo hast du denn dein Gefolge gelassen?“, sie wandte sich von ihm ab und kramte etwas aus ihrer Tasche hervor. „Mein Gefolge?“, er grinste. „Black, Remus und Peter“, antwortete sie ohne ihn anzublicken. Noch immer kramte sie in ihrem Koffer, ohne überhaupt zu wissen, was sie suchte. Gott wie sie ihn hasste. Warum grinste er eigentlich die ganze Zeit? „Was willst du?“, fragte sie und blickte ihn an. Er zuckte mit den Schultern. „Mit dir sprechen.“ Lily verdrehte die Augen und ging in die grosse Halle. Sie war noch fast leer, also suchte sich Lily einen Platz am Gryffindortisch und hielt die beiden Plätze neben ihr frei. Nach kurzem kamen dann auch Anna und Alice in die Halle. Alice setzte sich strahlend neben sie. Als Lily sie fragte, was los sei, schwieg sie nur und ein Hauch von Rosa trat auf ihr Gesicht. Lily glaubte zu wissen, weshalb sie strahlte und drehte sich zu Anna um. „Joanna Doles hat einen neuen Haarschnitt. Und Gina Stubbings hat einen Griechen auf ihrer Europareise kennen gelernt.“, erzählte Anna. „Ist was?“, fügte sie hinzu. „Ach nichts“, antwortete Lily und blickte auf, als die neuen Erstklässler eintraten. Professor McGonagall trug einen alten Filzhut und einen dreibeinigen Stuhl nach vorne. Die Auswahl dauerte ewig, wie es Lily vorkam, und alle waren froh, als zuletzt Zion, Patrick zu einem Hufflepuff gemacht wurde. Professor Dumbledore erhob sich und sprach: „Ich heisse alle alten und neuen Hogwartsschüler herzlich willkommen. Nun – einen guten Appetit!“. Kaum hatte er zu Ende gesprochen, füllten sich die goldenen Platten vor den Schülern mit den verschiedensten Speisen; Braten, Spiesse, Kartoffeln, Reis, Pasteten und Auflauf. Die drei Freundinnen begannen hungrig zu essen, und als sie fertig waren, fühlten sie sich so satt und müde wie nie. Lily hörte die Worte des Schulleiters kaum mehr und war froh, als das Fest zu Ende war und sie schlafen gehen konnte.

Am nächsten Morgen erwachte Lily schon früh, zog sich an und ging in den Gemeinschaftsraum hinunter. Sie gähnte, streckte sich und liess sich in einen der samtigen Sessel sinken. „Gut geschlafen?“, fragte eine Stimme neben ihr. Lily sprang erschrocken auf und war sofort hellwach. „Black! Hab’ dich gar nicht gesehn“, murmelte sie und versuchte sich vom Schreck zu erholen. Sirius schwieg nur und taxierte sie mit einem amüsierten Grinsen. Lily wurde bewusst, dass sie nicht mehr als ein dünnes Nachthemd trug und sie nahm ein Kissen vom Sessel und verschränkte die Arme davor, während sie sich wieder langsam in den Sessel sinken liess. „Morgen!“, rief nun eine verschlafene Stimme von der Treppe aus. Lily blickte auf. „Nicht auch noch Potter“, murmelte sie und schloss genervt die Augen. Der Tag begann ja gut. „Evans! Bist wohl auch ein Frühaufsteher, was?“, grinste er sie an. Lily ignorierte ihn und nahm sich ein Buch, das jemand auf dem Tisch liegen gelassen hatte. „Evans?“, hörte sie James’ Stimme. „Ja, Potter?“, antwortete sie gleichgültig und begann im Buch zu blättern. „Hast du Lust mit mir auszugehen, Evans?“ Lily schlug wütend das Buch zu. „Das hast du mich an meinem ersten Tag in Hogwarts gefragt und an jedem weiteren in den folgenden fünf Jahren. Und ich sags dir jetzt nochmals: Nein!“ Sie sprang auf und ging wieder die Treppe in den Mädchenschlafsaal hoch. „Na, hast dus noch nicht aufgegeben, Krone?“, fragte Sirius. James zuckte nur mit den Schultern und die beiden Rumtreiber gingen hinunter in die grosse Halle.
Die grosse Halle war erfüllt mit dem fröhlichen Geplauder der Schüler. Lily strich sich wütend Butter auf ihren Toast. „Was ist denn mit dir los?“, fragte sie Anna erstaunt. „Potter“, antwortete Lily einfach. Sie blickte den Tisch hinauf, wo die vier Rumtreiber sassen. Remus Lupin sass in ein Buch versunken da und ass Brot. Neben ihm schaute Peter, ein dicklicher Junge mit wässrigen Augen zu Sirius auf, der mit erhobenem Zauberstab sein Messer die Tasse mit heisser Milch jagen liess. Und neben Sirius sass James. Lily blickte ihn einen Moment an. Er blickte auf, bemerkte ihren Blick und begann sofort damit, sein Haar zu zerstrubeln. Lily schüttelte den Kopf und wandte sich ihren Freundinnen zu. „Stundenpläne für die Sechstklässler!“, rief Anna und schwenkte ein paar dutzend Blätter hin und her. „Gib her!“, sagte Lily und zog ihr lachend eines aus der Hand. Sie studierte kurz den Plan und atmete dann erleichtert auf. „Zuerst Zaubertränke! Gut! Lasst uns gehen.“ Sie verliessen die Halle, holten kurz ihre Bücher und schlenderten dann in die Kerker hinunter. „Lily! Meine Lieblingsschülerin! Sie waren gar nicht bei mir, im Zug?“ Ein massiger Mann – Professor Slughorn – drückte ihre Hand. „Ich- nun, ja …“, stammelte Lily. Die Versammlungen des „Slug-Club“ fanden regelmässig statt, so auch immer am Anfang eines jeden Schuljahres im Abteil C des Hogwarts-Expresses. Lily mochte die Treffen nicht besonders, es waren dabei nur Schüler mit besonderen Talenten oder berühmten Verwandten eingeladen. In Lilys Fall wegen ihren guten schulischen Leistungen; Zaubertränke war ihr stärkstes Fach. Aus dem selben Grund war auch James Potter im Slug-Club; auch wenn man es ihm nicht zutraute war er doch ein sehr guter Schüler und so auch einer von Slughorns Lieblingen. Ein weiterer Grund, wieso Lily den Slug-Club hasste. Professor Slughorn setzte ein freundliches Lächeln auf. „Wir probieren heute den Trank der Toten, Lily, einer ihrer Spezialitäten“, er zwinkerte ihr zu. Die Stunde war nach Lilys Geschmack viel zu schnell vorbei gegangen. Da sie sehr gut in Zaubertränke war, war dies auch eines ihrer Lieblingsfächer. Sie hatte James schon fast vergessen, als sie das Klassenzimmer verlies. Dann stellte sie verwundert fest, dass Anna gar nicht neben ihr stand und drehte sich um. Sie stand noch immer an ihrem Pult und unterhielt sich mit Sirius. Lily wartete kurz, bis Anna sich von ihm verabschiedet hatte, und blickte ihre strahlende Freundin fragend an. „Er hat mich gefragt, ob ich mit ihm nach Hogsmeade gehe. Du weißt doch, nächstes Wochenende.“, sagte sie. Lily blickte sie misstrauisch an. „Du hast doch nicht etwa zugesagt, oder? Das erste Hogsmeadewochende ist für die Freundinnen reserviert, erinnerst du dich?“ Anna errötete und blickte zu Boden. „Anna! Du gibst einem Rumtreiber den Vortritt? Also echt!“, rief Lily und rauschte wütend nach oben. Weder in Pflege magischer Geschöpfe, Verwandlung, während des Mittagessens oder den Stunden am Nachmittag sprachen die beiden miteinander. Alice war viel zu verliebt, um den Streit zu bemerken, andauernd blickte sie in Kräuterkunde zu Frank hinüber. Lily wusste nicht, wieso sie so heftig reagiert hatte. Sie wusste jedoch auch nicht, wieso sie sich entschuldigen sollte. Sie hatte ein ungeschriebenes Freundinnen-Gesetz gebrochen. Anna hatte wortlos ihren Aufsatz für Verteidigung gegen die dunklen Künste fertig geschrieben und war dann zu Bett gegangen. Lily seufzte und schrieb den letzten Satz ihres Textes über die Todesfee. Dann rollte sie ihr Pergament zusammen und erhob sich aus dem gemütlichen Sessel. „Was für ein schrecklicher Tag“, dachte sie, und ging dann ebenfalls zu Bett.

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