Sonntag, 21. Januar 2007

2. Kapitel – Versöhnung

Die erste Schulwoche ging wie im Flug vorbei. Sie hatten eine Menge Hausaufgaben auf bekommen, und Lily war froh, dass endlich Wochenende war; sie war völlig fertig. Sie erwachte am Samstagmorgen erst sehr spät und entdeckte, dass Anna und Alice bereits nach Hogsmeade aufgebrochen waren. Die Sonne stand schon hoch am Zenit als Lily sich streckte und gähnte. Sie hatte beschlossen im Schloss zu bleiben und die ausstehenden Hausaufgaben zu erledigen. Sie sammelte also ihr Pergament und dass Tintenfass zusammen und schleppte sich in die Bibliothek.
Missmutig starrte sie dort angekommen ihre leere Pergamentrolle an und dachte nach. Warum hatte sie sich nur mit Anna gestritten? Sie fühlte sich alleine, so ohne Anna und Alice. Sie strich sich eine Strähne ihres leuchtend roten Haares aus dem Gesicht. Was für eine schreckliche erste Woche. Sie hatte sich mit ihrer besten Freundin zerstritten. Vielleicht sollte sie sich einfach wieder mit Anna aussöhnen. Ja, warum nicht. Ein ohrenbetäubendes Donnern riss Lily aus ihren Gedanken. Reihenweise flogen dicke, schwere Wälzer mit flatternden Seiten mit einem dumpfen Poltern zu Boden. Lily drehte sich um und stöhnte auf. „Noch ne Reihe“, flüsterte Sirius James zu. Die beiden Rumtreiber standen hinter der nun bis auf ein Regal leeren Bücherwand. Mit einem eleganten Schlenker von James und einem bösartigen Grinsen von Sirius’ Seite flogen nun auch die Bücher des letzten Regals heraus und prasselten auf den daruntersitzenden Schüler - Severus Snape, einen bleichen Junge mit langen, fettigen schwarzen Haaren. „Genau auf deinen fettigen Kopf, Schniefelus. Bestens.“, flüsterte Sirius und grinste schadenfroh. James’ Blick hatte nun Lily erfasst und seine Hand schoss augenblicklich zu seinen Haaren. Lily jedoch war aufgesprungen und hatte sich vor die beiden Rumtreiber gestellt. „WIE KÖNNT IHR ES WAGEN! IHR FINDET DAS WOHL WITZIG, JA?!“ – „Sehr witzig, ja.“, antwortete Sirius. James zuckte nur mit den Schultern und grinste. Snape hatte sich inzwischen wieder aus den staubigen Büchermassen befreit und erhob, zornesrot im Gesicht, seinen Zauberstab. Bevor er jedoch nur einen Laut eines Spruches aussprechen konnte, hob James ihn mit einem gekonnten Schlenker seines Zauberstabes in die Höhe und kehrte ihn mit einem leichten Dreh des Stabes auf den Kopf. „HÖRT SOFORT AUF DAMIT!“, schrie Lily, „LASST IHN ENDLICH IN RUHE!“ – „Ich brauche die Hilfe einer dreckigen Schlammblüterin nicht!“, zischte Snape giftig aus der Luft, wo er immer noch kopfüber hing. „Nenn die nicht Schlammblut!“, herrschte ihn James an und beförderte ihn mit einem wütenden Stoss seines Zauberstabs unsanft zu Boden. Seine Augen funkelten. „Du bist auch nicht besser!“, rief nun Lily, „verhext unschuldige Schüler, nur weils dir Spass macht! Du bist zum Kotzen!“ Sie starrte ihn zornerfüllt an und rannte mit wehendem Umhang aus der Bibliothek. „Siehs doch ein, Krone, sie kann dich nicht leiden“, stöhnte Sirius. „Glaubst du?“, fragte James unsicher.
Lily beschloss, den Rest des Tages draussen auf den Ländereien Hogwarts’ zu verbringen. Sie genoss die Ruhe. Nur ein paar Sechst- und Siebtklässler waren in Hogwarts geblieben; sie hatten Ogsmeade schon oft genug gesehen. Und natürlich waren da noch die Erst- und Zweitklässler. Sie durften ja noch nicht nach Hogsmeade, also benutzten sie ihre freien Wochenenden, um die unzähligen Treppen, Gänge und Räume des Schlosses zu erkunden. Lily setzte sich in den Schatten unter einer grossen Eiche am See und schaute der Krake und einigen Schülern beim Baden zu. Sie hatte plötzlich Lust, sich ebenfalls im See etwas abzukühlen und lief nach oben ins Schoss zurück und zog sich um. In ihrem grünen Bikini (passend zu ihren Augen) ging sie zurück an den See und setzte einen Fuss ins Kühle Nass. Wie angenehm das war. Sie liess sich auf dem Wasser treiben und genoss es, wie die Sonnenstrahlen ihre feuchte Haut kitzelten, als jemand die plötzlich an der Schulter antippte. Lily drehte sich um und blickte direkt in James’ braune Augen. „Hey.“, sagte er nur. Er grinste nicht und so erschien er Lily viel reifer als sonst, was wahrscheinlich der Grund war, wieso sie ihn nicht anschrie, er solle verschwinden und sie ihn Ruhe lassen. „Hi James.“ Er blickte sie ins Wasser. „Ich- naja- ich wollte- ich wollte mich nur entschuldigen wegen vorhin.“, stammelte er und blickte in ihre leuchtend grünen Augen. „So?“, sagte Lily und lächelte. Das war wohl das erste Mal, dass er sich für irgendetwas bei ihr entschuldigt hatte. „Ja, war kindisch von mir.“ Er lächelte sie an. Sie schwamm ein paar Züge und er schwamm neben ihr her. Sie aprchen über das kommende Quidditch-Spiel; Hufflepuff gegen Slytherin. Lily war im Gegensatz zu James keine Quidditch-Spielerin, und doch liebte sie den zauberhaften port. „Ich wette, Slytherin macht Hufflepuff platt.“, sagte sie. James nickte. „Keine Chance.“ – „Und, gewinnt ihr den Quidditchpokal dieses Jahr auch wider?“, fragte Lily. „Na klar!“, grinste James, „wer sonst?“ Sie lachten und schwammen wieder zurück ans Ufer. Lily verabschiedete sich von James und ging wieder hoch ins Schloss. So schlimm war James eigentlich ja gar nicht! Sie hatte soeben das erste normale Gespräch mit ihm geführt. Es war bereits Abend geworden und die Sonne schien rötlich über den See.
Im Gemeinschaftsraum traf sie Alice, die in einem Sessel am Kamin sass. Lily setzte sich zu ihr und fragte sie nach ihrem Ausflug nach Hogwarts. „Es war mies.“, antowrtete sie, „Wie war dein Tag?“. „Naja, der Morgen war ebenfalls mies“, sagte Lily, „Ich haben Potter und Black in der Bibliothek getroffen, sie-„ Lily hielt inne und runzelte die Stirn. „Moment mal. War nicht Anna mit Black in Hogsmeade versbredet gewesen?“ Alice nickte düster. „Ich sagte ja, es war mies. Er hat sie sitzen gelassen. Sie ist oben, total fertig.“ Lily vergass ihren Streit mit Anna sofort und stieg die Treppe in den Mädchenschlafsaal hoch. Ihre Freundin brauchte Trost. „Anna?“, fragte sie zögerlich und trat ins Zimmer ein. Anna lag zusammengesunken auf dem Bett und schluchzte elendiglich. Lily setzte sich zu ihr aufs Bett und nahm sie in die Arme. „Das ist er doch nicht wert, Süsse“, flüsterte sie ihr ins Ohr, „das ist er einfach nicht wert“.
Es dauerte bis spät in die Nacht, bis Anna aufgehört hatte zu weinen. Noch immer ging es ihr ziemlich schlecht, doch sie waren alle drei müde und gingen zu Bett. Am Sonntagmorgen konnten sie jedoch nicht lange ausschlafen; das erste Quidditch-Spiel stand an. Sie verschlangen ein paar Toasts und liefen dann eilig ins Stadion hinunter, um gute Plätze zu kriegen. Die fanden sie dann auch – jedoch direkt hinter den Plätzen der Rumtreiber. Anna mied Sirius’ Blick sorgfältig, und Lily konnte sehen, dass sie wieder Tränen in den Augen hatte. Sie nahm sie nochmals kurz in die Arme, dann setzten sie sich. James drehte sich auf seinem Sitz um grinste Lily an. „Hey“, begrüsste er sie. „Hi.“, erwiderte Lily und bedachte Sirius mit einem vorwurfsvollen Blick. James schien den Blick bemerkt zu haben, er wandte sich darauf zu Sirius um und sprach mit ihm. Lily ahnte, worüber; Sirius hatte sich danach zu Anna um gedreht und ziemlich schuldbewusst dreingeschaut. Lily genoss das Spiel. Sie bekam in der Muggelwelt kaum etwas von der Zauberwelt mit, und es war schön, nach so langer Zeit wieder ein Quidditchspiel zu sehen. Slytherin ging schon nach den ersten Minuten in Führung, und bereits nach gut einer Stunde war das Spiel zu Ende; es stand 200:10 und Hufflepuff hatte damit haushoch verloren. Trotzdem war Lily gut aufgelegt und hatte Lust, den restlichen Tag draussen zu verbringen. Lily sah, wie Sirius Anna nach dem Spiel kurz zur Seite nahm um mit ihr zu sprechen. Lily war erleichtert darüber; Anna sollte nicht das ganze Wochenende über schlecht gelaunt sein. Sie wollte sich schon zum gehen wenden, als James sie am Ärmel ihres Umhangs festhielt. Sie wandte sich um und blickte in sein grinsendes Gesicht. „Tolles Spiel, was?“, sagte er. Sie nickte und sie gingen zusammen zurück zum Schloss.Der Sonntag war nach Lilys Meinung viel zu kurz gewesen, und doch begann am Montag wieder der reguläre Unterricht. In der Zaubertränkestunde brauten sie einen Unsichtbarkeitstrank, und Lilys, wie Professor Slughorn feierlich erklärte, sei der beste Trank der jemals ein Schüler in seinem Unterricht zustande gebracht hatte. Er nahm sie nach der Stunde kurz zur Seite und überreichte ihr die Einladung zu einer seiner Partys. Lily bedankte sich, ging aus dem Zimmer und warf die Einladung in den nächsten Mülleimer. Anna ging es seit dem Quidditchspiel wieder viel besser. Lily wusste, dass es weniger Quidditch als viel eher Sirius, der sich entschuldigt hatte, der Grund dafür war. In Pflege magischer Geschöpfe nahmen sie Einhörner durch, und Lily genoss den Anblick der schneeweissen, unschuldien Tieren. In Verwanglung lernten sie einen furchtbar schweren Zuber, den Desillusionierungszauber. Lilys Zuber gelang bereits beim ersten Mal so gut, dass man Anna nur noch als schemenhaften Umriss erkennen konnte und Professor McGonagall Gryffindor zwanzig Punkte gab. Der Morgen war jedoch sehr anstrengend gewesen, und Lily war froh, als es endlich Mittagszeit war. Sie lief durch den Gang im 2.Stock und unterhielt sich mit Anna und Alice über Arithmantik als plötzlich sie Tasche des Mädchens neben Lily mit einem lauten Ratschen riss und alle Bücher auf den Boden polterten. Lily blieb stehen und drehte sich mit einem bösen Verdacht um und sah James und Sirius mit erhobenen Zauberstäben dastehen. „Lily! Hab’ dich gar nicht gesehen! Hattest du ein-„, begann er hastig, wurde jedoch von Lily unterbrochen. „LASS MICH ENDLICH IN RUHE UND WERD ERWACHSEN, POTTER!“, rief sie, half den Mädchen die Bücher zusammen zu sammeln und rauschte dann zornig in die grosse Halle. „Na super, Tatze, was für ne tolle Idee.“, murmelte James seinem Freund zu. Dieser unterhielt sich jedoch gerade angeregt mit Anna. James schlurfte lustlos nach oben und deponierte seine Bücher. „Weiber!“, zischte er nur und ging dann ebenfalls in die grosse Halle um etwas zu essen.

1. Kapitel – Ein schrecklicherTag

„Tschüss!“, rief Lily ihren Eltern zu, die ihr glücklich zuwinkten. „Bis nächsten Sommer!“. Sie drehte sich um und rannte zurück zu ihren beiden Freundinnen. „Alice! Anna!“, kreischte sie und fiel ihren besten Freundinnen in die Arme. „Ich hab den ganzen Sommer über nichts von euch gehört!“ Annas Augen blitzten frech und sie neigte den Kopf nach rechts. Lily wandte sich um und stöhnte genervt auf. Lässig ans Bahnhofsgebäude gelehnt, standen dort Sirius und James, die – in Lilys Augen – die grössten Angeber und Unruhestifter der ganzen Schule waren. Anna sah das jedoch anders, und Alice und Lily wussten, dass Anna eine Schwäche für Sirius hatte. Genau wie jedes andere Mädchen; jede schwärmte für die beiden Rumtreiber. Alle ausser Lily. Sie hatte die beiden schon vom ersten Schultag an nicht gemocht. Sie hasste alles an ihnen, die arrogante Art, wie James immer sein Haar zerstrubelte, ihre blöden Sprüche, James’ Versuche mit ihr Auszugehen und dass die beiden in den Gängen der Schule andere Schüler verhexten, nur weil sie es eben konnten.
Lily musste über den schwärmerischen Blick mit dem Anna Sirius ansah lachen und zog ihre Freundinnen mit in den Zug. Am Ende des Zuges fanden sie dann auch ein leeres Abteil und setzten sich. „Also, erzählt mal von euren Ferien“, begann Lily. Alice, ein etwas molliges Mädchen mit braunen, halblangen Haaren, zuckte die Schultern „Nichts besonderes. Ich war mit meinen Eltern in Cornwall.“ Lily fragte nicht weiter nach, sie wusste, dass Alice die Ferien in Cornwall hasste, weil ihre Eltern mit ihr jedes Jahr dort hinfuhren. „Und was ist mit dir?“, fragte sich an Anna gewandt. „Ich war in Frankreich. Alleine. Und rate, wen ich dort getroffen habe“, feixte Anna. Lily runzelte die Stirn. „Los, sag schon!“, rief Alice begierig und setzte sich gerade hin. „Sirius und James.“, antwortete Alice grinsend. „Ha!“, rief Alice aus und begann zu kichern. Lily jedoch runzelte immer noch die Stirn. „Und weiter?“, fragte sie. „Nun ja“, grinste sie, „wir haben was zusammen unternommen …“ Alice begann nun laut zu lachen und Lily zog eine Augenbraue hoch. „Was du an denen nur findest? Die sagen dir nicht mal Hi!“, meinte sie an Anna gewandt. Diese zuckte nur mit den Schultern und blickte aus dem Fenster. Lily seufzte und auch Alice hörte wieder auf zu lachen. Sirius hatte Anna noch nie beachtet, egal wie sich Anna bemühte. Ein weiterer Grund die beiden zu hassen, dachte sich Lily. Eine Weile sassen sie still in ihrem Abteil, während draussen vor dem Fenster Hügel und Felder vorbeizogen.
Bald kam dann auch schon die Hexe mit dem Süssigkeitenwagen und die drei Freundinnen genehmigten sich einen Kesselkuchen. Gerade als Lily ihr Stück ausgepackt hatte und hinein beissen wollte, öffnete sich die Abteiltür, und zwei grinsende 16-jährige Jungen stolperten in das Abteil. „Potter!“, rief Lily genervt und Anna lächelte in Sirius’ Richtung. Alice hatte wieder zu kichern begonnen. „Was wollt ihr den hier?“, fragte Lily mürrisch. „Dich was fragen.“, grinste James sie an. „Und was bitte?“, murrte Lily. „Ob du dieses Jahr mit ihm ausgehst.“, antwortete Sirius und grinste ebenfalls. „Nein!“, zischte Lily, „verschwindet jetzt!“ Die beiden schlurften wieder aus dem Abteil und Alice begann laut zu lachen. „Warum musst du nur immer so gemein zu ihnen sein?“, fragte Anna gespielt entsetzt. „Ach Anna“, stöhnte Lily, „ich kann sie nicht leiden. Ich weiss nicht was alle an denen finden.“ Anna grinste breit und sagte schnippisch „Sie haben eben das gewisse etwas, da kann nicht mal Lily Evans widerstehen.“ Lily stand entrüstet auf. „Nicht widerstehen? Und wie Lily Evans widerstehen kann!“, lachte sie, „Kommt jetzt, wir sollten uns umziehen.
Allmählich wurde es dunkler draussen, bis man durch die Zugscheiben kaum mehr etwas erkennen konnte. Dann endlich wurde der Zug langsamer. „Ich verhungere gleich“, ächzte Alice. „Du sagst es“, meinte Anna. Sie suchten sich eine freie Kutsche und setzten sich. Mit einem Rumpeln setze sich der Kutschenzug in Bewegung und fuhr den Weg zum Schloss hoch. Alle drei hingen ihren eigenen Gedanken nach, und so blieben sie stumm, bis die Kutsche Hogwarts erreicht hatte. Sie stiegen aus und blickten sich um. Anna ging los um ein paar Freundinnen zu begrüssen und Alice hielt Ausschau nach Frank Longbottom, einem schlanken 6. Klässler aus Ravenclaw. Lily blieb einen Moment alleine stehen und machte sich dann auf zum grossen Eichenportal der Schule. Sie stellte ihren schweren Koffer in der Eingangshalle ab und strich ihrer Katze Toulouse über das braune Fell. Eine Weile kraulte sie die Katze gedankenverloren, bis sie das geräusch von Schritten hinter ihr hörte. Sie drehte sich um und blickte direkt in das Gesicht von- „Potter!“, rief sie erschrocken und trat ein paar Schritte zurück. „Du schon wieder.“ Er war so nah an sie herangetreten, dass sie direkt in seine Haselnussbraunen Augen geblickt hatte. „Wo hast du denn dein Gefolge gelassen?“, sie wandte sich von ihm ab und kramte etwas aus ihrer Tasche hervor. „Mein Gefolge?“, er grinste. „Black, Remus und Peter“, antwortete sie ohne ihn anzublicken. Noch immer kramte sie in ihrem Koffer, ohne überhaupt zu wissen, was sie suchte. Gott wie sie ihn hasste. Warum grinste er eigentlich die ganze Zeit? „Was willst du?“, fragte sie und blickte ihn an. Er zuckte mit den Schultern. „Mit dir sprechen.“ Lily verdrehte die Augen und ging in die grosse Halle. Sie war noch fast leer, also suchte sich Lily einen Platz am Gryffindortisch und hielt die beiden Plätze neben ihr frei. Nach kurzem kamen dann auch Anna und Alice in die Halle. Alice setzte sich strahlend neben sie. Als Lily sie fragte, was los sei, schwieg sie nur und ein Hauch von Rosa trat auf ihr Gesicht. Lily glaubte zu wissen, weshalb sie strahlte und drehte sich zu Anna um. „Joanna Doles hat einen neuen Haarschnitt. Und Gina Stubbings hat einen Griechen auf ihrer Europareise kennen gelernt.“, erzählte Anna. „Ist was?“, fügte sie hinzu. „Ach nichts“, antwortete Lily und blickte auf, als die neuen Erstklässler eintraten. Professor McGonagall trug einen alten Filzhut und einen dreibeinigen Stuhl nach vorne. Die Auswahl dauerte ewig, wie es Lily vorkam, und alle waren froh, als zuletzt Zion, Patrick zu einem Hufflepuff gemacht wurde. Professor Dumbledore erhob sich und sprach: „Ich heisse alle alten und neuen Hogwartsschüler herzlich willkommen. Nun – einen guten Appetit!“. Kaum hatte er zu Ende gesprochen, füllten sich die goldenen Platten vor den Schülern mit den verschiedensten Speisen; Braten, Spiesse, Kartoffeln, Reis, Pasteten und Auflauf. Die drei Freundinnen begannen hungrig zu essen, und als sie fertig waren, fühlten sie sich so satt und müde wie nie. Lily hörte die Worte des Schulleiters kaum mehr und war froh, als das Fest zu Ende war und sie schlafen gehen konnte.

Am nächsten Morgen erwachte Lily schon früh, zog sich an und ging in den Gemeinschaftsraum hinunter. Sie gähnte, streckte sich und liess sich in einen der samtigen Sessel sinken. „Gut geschlafen?“, fragte eine Stimme neben ihr. Lily sprang erschrocken auf und war sofort hellwach. „Black! Hab’ dich gar nicht gesehn“, murmelte sie und versuchte sich vom Schreck zu erholen. Sirius schwieg nur und taxierte sie mit einem amüsierten Grinsen. Lily wurde bewusst, dass sie nicht mehr als ein dünnes Nachthemd trug und sie nahm ein Kissen vom Sessel und verschränkte die Arme davor, während sie sich wieder langsam in den Sessel sinken liess. „Morgen!“, rief nun eine verschlafene Stimme von der Treppe aus. Lily blickte auf. „Nicht auch noch Potter“, murmelte sie und schloss genervt die Augen. Der Tag begann ja gut. „Evans! Bist wohl auch ein Frühaufsteher, was?“, grinste er sie an. Lily ignorierte ihn und nahm sich ein Buch, das jemand auf dem Tisch liegen gelassen hatte. „Evans?“, hörte sie James’ Stimme. „Ja, Potter?“, antwortete sie gleichgültig und begann im Buch zu blättern. „Hast du Lust mit mir auszugehen, Evans?“ Lily schlug wütend das Buch zu. „Das hast du mich an meinem ersten Tag in Hogwarts gefragt und an jedem weiteren in den folgenden fünf Jahren. Und ich sags dir jetzt nochmals: Nein!“ Sie sprang auf und ging wieder die Treppe in den Mädchenschlafsaal hoch. „Na, hast dus noch nicht aufgegeben, Krone?“, fragte Sirius. James zuckte nur mit den Schultern und die beiden Rumtreiber gingen hinunter in die grosse Halle.
Die grosse Halle war erfüllt mit dem fröhlichen Geplauder der Schüler. Lily strich sich wütend Butter auf ihren Toast. „Was ist denn mit dir los?“, fragte sie Anna erstaunt. „Potter“, antwortete Lily einfach. Sie blickte den Tisch hinauf, wo die vier Rumtreiber sassen. Remus Lupin sass in ein Buch versunken da und ass Brot. Neben ihm schaute Peter, ein dicklicher Junge mit wässrigen Augen zu Sirius auf, der mit erhobenem Zauberstab sein Messer die Tasse mit heisser Milch jagen liess. Und neben Sirius sass James. Lily blickte ihn einen Moment an. Er blickte auf, bemerkte ihren Blick und begann sofort damit, sein Haar zu zerstrubeln. Lily schüttelte den Kopf und wandte sich ihren Freundinnen zu. „Stundenpläne für die Sechstklässler!“, rief Anna und schwenkte ein paar dutzend Blätter hin und her. „Gib her!“, sagte Lily und zog ihr lachend eines aus der Hand. Sie studierte kurz den Plan und atmete dann erleichtert auf. „Zuerst Zaubertränke! Gut! Lasst uns gehen.“ Sie verliessen die Halle, holten kurz ihre Bücher und schlenderten dann in die Kerker hinunter. „Lily! Meine Lieblingsschülerin! Sie waren gar nicht bei mir, im Zug?“ Ein massiger Mann – Professor Slughorn – drückte ihre Hand. „Ich- nun, ja …“, stammelte Lily. Die Versammlungen des „Slug-Club“ fanden regelmässig statt, so auch immer am Anfang eines jeden Schuljahres im Abteil C des Hogwarts-Expresses. Lily mochte die Treffen nicht besonders, es waren dabei nur Schüler mit besonderen Talenten oder berühmten Verwandten eingeladen. In Lilys Fall wegen ihren guten schulischen Leistungen; Zaubertränke war ihr stärkstes Fach. Aus dem selben Grund war auch James Potter im Slug-Club; auch wenn man es ihm nicht zutraute war er doch ein sehr guter Schüler und so auch einer von Slughorns Lieblingen. Ein weiterer Grund, wieso Lily den Slug-Club hasste. Professor Slughorn setzte ein freundliches Lächeln auf. „Wir probieren heute den Trank der Toten, Lily, einer ihrer Spezialitäten“, er zwinkerte ihr zu. Die Stunde war nach Lilys Geschmack viel zu schnell vorbei gegangen. Da sie sehr gut in Zaubertränke war, war dies auch eines ihrer Lieblingsfächer. Sie hatte James schon fast vergessen, als sie das Klassenzimmer verlies. Dann stellte sie verwundert fest, dass Anna gar nicht neben ihr stand und drehte sich um. Sie stand noch immer an ihrem Pult und unterhielt sich mit Sirius. Lily wartete kurz, bis Anna sich von ihm verabschiedet hatte, und blickte ihre strahlende Freundin fragend an. „Er hat mich gefragt, ob ich mit ihm nach Hogsmeade gehe. Du weißt doch, nächstes Wochenende.“, sagte sie. Lily blickte sie misstrauisch an. „Du hast doch nicht etwa zugesagt, oder? Das erste Hogsmeadewochende ist für die Freundinnen reserviert, erinnerst du dich?“ Anna errötete und blickte zu Boden. „Anna! Du gibst einem Rumtreiber den Vortritt? Also echt!“, rief Lily und rauschte wütend nach oben. Weder in Pflege magischer Geschöpfe, Verwandlung, während des Mittagessens oder den Stunden am Nachmittag sprachen die beiden miteinander. Alice war viel zu verliebt, um den Streit zu bemerken, andauernd blickte sie in Kräuterkunde zu Frank hinüber. Lily wusste nicht, wieso sie so heftig reagiert hatte. Sie wusste jedoch auch nicht, wieso sie sich entschuldigen sollte. Sie hatte ein ungeschriebenes Freundinnen-Gesetz gebrochen. Anna hatte wortlos ihren Aufsatz für Verteidigung gegen die dunklen Künste fertig geschrieben und war dann zu Bett gegangen. Lily seufzte und schrieb den letzten Satz ihres Textes über die Todesfee. Dann rollte sie ihr Pergament zusammen und erhob sich aus dem gemütlichen Sessel. „Was für ein schrecklicher Tag“, dachte sie, und ging dann ebenfalls zu Bett.